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Samstag, 29. November 2008
Die heiligen drei Könige und die Jungfrau vom Lilienbanner
Von Unbekannt (Mitgliedschaft beendet), 21:12

 

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Jene geheimnisvollen Männer aus dem Morgenland hatten es mir schon immer angetan! Ich war von der Krippe fast nicht mehr wegzubringen, wenn ich sie so daherziehen sah mit reichem Troß, mit den buckeligen Kamelen und mit jenem kraftstrotzenden Tier, dem ein Schwanz hinten und ein Schwanz vorne herunterhing - für gewöhnlich "Elefant" genannt. Schade, daß man sich nicht zweitausend Jahre alt machen kann - ich wäre damals bestimmt auch dabeigewesen, vielleicht als Kameltreiber oder als Elefantenschwanzbändiger oder gar als einer der Heiligen Drei Könige selbst. Egal! Noch waren nicht alle Chancen verloren, denn meine Mutter erzählte mir aus ihrer älblichen Heimat etwas, was mich fast aus dem Häuschen brachte. Dort gäbe es in der Zeit nach Weihnachten einen alten, frommen Bracuh: Da würden sich Buben wie jene drei Könige kostümierren, immer drei zusammen. Einer sei der Kaspar und trage einen großen papierenen Stern, in dem ein Kerzenlicht brenne; einer sei der Balthasar und trage einen großen Sack für allerlei Gaben;und der dritte, das sei der Melchior, der Mohr, der ganz schwarz angemalt sei und eine kleine Kasse trage, für den Fall, daß die Leute sogar in den Geldbeutel griffen und etwas Münze schenkten, was allerdings nicht allzuoft vorkomme. Diese drei Könige würden dann von Haus zu Haus ziehen und den Leuten ein passendes Lied vorsingen...

Hei, dachte ich sofort, wie wäre das, wenn wir diesen offenkundig frommen und wohl auch einträglichen Brauch bei uns einmal probieren würden? Gedacht - getan! Zwei Tage später waren zwei Freunde von mir und ich schon startbereit. Wir hatten uns phantastisch herausgeputzt. Die letzten Winkel vom Dachboden waren mit dem Spürsinn eines geriebenen Detektivs erfolgreich durchstöbert worden. Nichts war vor unserer Spürnase verborgen geblieben: Rohrstiefel, alte Weiberröcke, Leintücher, farbige Schals usw. Ich durfte den Mohr spielen. Mein älterer Bruder machte mir mein Gesicht mohrländisch schwarz, daß mich sogar meine Freunde nicht mehr erkannten, sondern bei ihrem Kommen fragten:" Ja, bist`s oder bist`net?" "Ha no!" sagte ich nur im pursten schwäbischen Dialekt, und wir kannten uns wieder.

Aber dann: unser Drei-Königs-Lied! Das machte uns noch einiges Kopfweh. Die Mutter kannte jenes Lied von der Alb auch nicht mehr ganz genau. Aber etwas mußten wir doch singen! Potz Blitz! Am besten konnten wir drei Kerle das Lied singen:"Fuchs, du hast die Gans gestohlen." Die Melodie stand freilich nicht im Gesangbuch der Kirche, aber sie schien uns trotzdem passend. Nur einen anderen Text brauchten wir noch dazu. Aber woher nehmen? Jedoch - auch das gelang. Der Kaspar brachte ihn freudestrahlend mit. Woher? Weiß der Kuckuck! Im Nu konnten wir ihn auch auswendig:

Hört ihr Leut und laß euch sagen:

Aus dem Morgenland

kommen wir mit leeren Magen;

das ist allerhand!

Hier den Sack für eure Gaben!

Tut uns was hinein;

sonst tun wir verrückt und schlagen

alles kurz und klein!

Ja, nun war alles vorbereitet. Also los! Wir zogen zuerst zum Schumacher Flick. Der wohnte in unserem Haus, ganz unten parterre. Als er uns sah, war er sehr erstaunt - wer weiß; vielleicht auch so ergriffen -, daß er seine Ahle und das Pech,die Maus- und Katzendreckle, (das waren die kleinen Nägel) ganz vergaß und nicht wie sonst den Spannriemen nahm und uns damit aus seiner Schusterbude wieder hinaustrieb.Nein, er nahm sogar seine blecherne Brille von der blauen Nase-, wie damals üblich, zwichen Daumen und Zeigefinger. Dann setzte er sie wieder auf, betrachtete uns ganz genau und meinte mit bedächtigem Kopfnicken:" So, so- ihr seid also die Heiligen Drei Könige aus dem Morgenland! Hab`gar nimmer g`wußt, daß die auch noch leben! Ja, und jetzt - was wollt ihr denn von mir?"

Wir sangen unser Lied, das er scih andächtig, wie in der Kirche, anhörte. Dann hielten wir ihm unsern Sack hin. Der Schuhmacher sah um sich. Da lagen auf seinem Tischchen ein paar kupferne Pfennige und von seinem Vesper - o Graus! - noch ein Stückchen Gaulswurst (die war seine Spezialität, das wußten wir.)

"Da nehmt die paar Pfennige! Aber die Gaulswurst, die esse ich schon selber!"

Wir waren damit wohl zufrieden und mit einer feierlichen, dankenden Verneigung stapften wir wieder zur Türe hinaus. Gott sei Dank! Das wäre also für den Anfang ganz gut gegangen.

Nun weiter! - Aber wohin? "Zum Spießmann!" meinte der Balthasar. Der Spießmann, um die fünfzig herum, war Aufseher auf einem großen, uns sehr wohl bekannten Holzlagerplatz. Er wohnte im Hinterhaus. Auf seiner Nase trug er wie Rübezahl eine kleine Warze mit einem winzigen Härchen daran, und in seinem Munde war rechts eine Zahnlücke, wahrscheinlich, damit seine Tabakpfeife besser Platz hatte. er ging nie in die Kirche. Trotzdem, ja vielleicht gerade deshalb hielt er sich nicht für ein Pharisäer, aber um so mehr für einen Schriftgelehrten, denn er gebrauchte bei seinen Reden gern einige Bibelsprüche. Also, warum nicht zum Spießmann gehen?

Los kommandierte der Kaspar. "Wir gehen zum Spießmann!" Balden standen wir vor seiner Türe und klopften an. Wirklich- die Türe tat sich auf, und der Spießmann stand vor uns. Wir sangen gleich unser Lied und hielten den Sack hin. Spießmann war durch unsere exotische Erscheinung offenkundig völlig aus dem Scharnier geraten. Er vergaß sogar, aus seiner Pfeife zu qualmen, nahm sie respektvoll aus ihrer Zahnlücke heraus und schob sie schamhaft in die Hosentasche.

Dann sagte er mit weisheitsvoller Miene:"Aha, die Weisen aus dem Morgenland! Ja, ja, die kenne ich gut. Damals sind sie ja auch in die Arche Noah hineinspatziert und wurden dadurch vor dem Versaufen im großen Wasser gerettet. Oh, ich kenne mich in der Bibel sehr gut aus! - Und jetzt wollt ihr am Ende auch noch etwas von mir?" Dabei fuhr er mit der Hand in die Hosentasche, wo die Tabakspfeife noch ein bißchen räuchelte, und zog drei Äpfel heraus, nicht groß, aber runzelig wie das Gesicht einer wenigstens einhundert- jährigen Großmutter. Diese drei Äpfel gab er uns und sagte mit Himmel und Erde durchdröhnendem Gelächter dazu: "Sie sind nicht am verbotenen Baume im Paradies gewachsen, sondern hinter meiner Holzhütte. Ihr könnt sie ruhig essen. Sie machen euch gewiß kein Bauchweh! Hahahaha!" Brrr - wir verneigten uns trotzdem zum Zeichen unserer Dankbarkeit und verließen den Spießmann, der bereits wieder an seiner Tabakpfeife sog wie ein Baby an seiner Milchflasche...., Und jetzt? - Wohin?"

Ich sagte:" Jetzt sind wir schon bei zwei Männern gewesen. Nun gehen wir auch einmal zu einer Frau." "Richtig!" meinte der Kaspar. "Aber zu wem?"

"Zur Scheppachin!" sagte Balthasar. "Jawohl, zur Scheppachin!" stimmten wir beiden andern bei. "Also, los!" Eigentlich hieß sie Pauline Scheppach und war eine ehr- und tugendsame Jungfrau von einigen dutzend Lenzen. Sie wenigstens konnte bestimmt bei den Prozessionen hinter dem Lilienbanner der Jungfrauen marschieren, ohne zu erröten oder von andern verdächtigt zu werden, sie sei dessen nicht würdig und also nicht am richtigen Platz.

Mit Vorliebe kaufte sie bei der vierteljährlich stattfindenden Eisenbahnauktion allerlei liegen- und stehengebliebene Raritäten, die sie wieder weiterzuverkaufen suchte.Wieviel Prozente Gewinn sie dabei einschob, verriet sie natürlich in ihrer jüngferlichen Verschwiegenheit nie! Sie gehörte zu den sogenannten "frommen Personen" und war Mitglied sämtlicher Bruder- und Sschwesternschaften. Sollte solch eine Jungfrau, die bereits den Schein der Heiligkeit an sich trug, nicht auch für die Heiligen Drei Könige etwas übrig haben? Also, wir gingen voll der besten Hoffnungen ins Nachbarhaus, wo die Scheppachin das Erdgeschoß mit dem Wohlgeruch ihrer Frömmigkeit erfüllte. Dort läuteten wir energisch mit der Glocke, denn  wir wußten, daß die Scheppachin etwas schwerhörig war. Aber sie hatte uns gehört und tat nun die Türe auf. Wir sangen unser Drei-Königs-Lied aus vollem Halse, wobei wir plötzlich - ohne daß wir es ausgemacht hatten! - den letzten Satz nicht mehr sangen, sondern ziemlich schneidig deklamierten:" und schlagen alles kurz und klein!" Die Scheppachin stand bis hierher wie ehedem Lots Weib gelichsam zur Bildsäule versteinert da. Jetzt aber löste sich bei ihr den Bahn, und mit einem Schrei der Verzweiflung höchsten Grades rief sie nur immer:" Feurio! Feurio! Feurio!"

Nun war die Reihe des Erschreckens an uns. Wie vom bösen Geist gejagt rannten wir auf und davon - hinaus zum Haus, über den Hof, ein Stück die Straße hinab und dann links ab auf den Holzlagerplatz, hinter hoch aufgespeicherte Holzbretter. Hier endlich machten wir halt.Das Kerzenlicht in unserem Stern war bei dem nebelerfüllten Halbdunkel des Abends gesehen oder gar erkannt. Hier auf dem Holzlagerplatz waren wir in "unserem Reich" und fühlten uns auch wieder sicher und gerettet. Zuerst verschnauften wir ein wenig. Danach verteilten wir die wenigen Geschenke in unserem Sack:"Jeder von uns erhielt zwei Pfennige und einen runzeligen Apfel. Es war gewiß nicht viel, und dennoch freuten wir uns darüber.

Unsere Kostümierung versteckten wir dann schweren Herzens zwischen den vielen Brettern bis zum Abend des nächsten Tages, da wir sie uns wieder holen wollten. So war denn unser frommes Spiel allzu rasch beendet worden.Als wir alles nochmals überdachten und besprachen, kam zunächst ein gewisses Schamgefühl über uns: Potzblitz und Schwerenot! Wir, die Heiligen Drei Könige, sind vor einer alten Jungfer geflohen!

Inzwischen war aber bei dieser Scheppachin auf ihr wildes Geschrei hin die halbe Nachbarschaft zusammengelaufen und das Jungferle konnte sich nicht genug tun, den Leuten in den schrecklichsten Farben ihre Not auszumalen: Ein-Zwei-Drei Räuber hätten bei ihr einbrechen wollen... Die Leute hörten es mit Staunen und fragten, wieso sie dann "Feurio!" geschrien habe, da es doch nicht gebrannt habe."Ich hab halt geschrien, was mir gerade eingefallen ist!" verteidigte sie sich." Es war ja auch so schrecklich! Denkt euch,die Kerle hätten mich am Ende gar noch stehlen wollen!" Aber da meinte der alte Spießmann:"O Scheppachin! Wenn die Räuber am nächsten Morgen bei Tag gesehen hätten, wen sie erwischten, dann hätten sie dich sicherlich sofort wieder zurückgebracht!"

Alles lachte und ging nach Hause. Wir aber hatten trotz alledem die Lust verloren, nochmals die Heiligen Drei Könige zu spielen.

Was aus der Scheppachin später geworden ist, konnte ich nie recht erfahren. Wahrscheinlich ist auch sie das unschuldige Opfer einer jener vernichtenden Bombennächte im letzten Kriege geworden.

Möge, ihr der Herr den Frieden schenken im Kreise aller heiligen Jungfrauen und in der Gemeinschaft der richtigen Heiligen Drei Könige; Kaspar - Melchior - Balthasar!

In einer Zeitschrift gefunden - Autor - Alfons Bopp

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